Mauertote in der deutschen Geschichte

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Schließlich wurde die DDR durch die tödlichen Schüsse in die Mauer als „ungerechter Staat“ bezeichnet. Jüngste Forschungen haben in den 28 Jahren ihres Bestehens zu 136 Todesfällen geführt. Grund fuer die Wiederaufnahme der Debatte ist die moegliche rot-rot-gruene Koalition in Thueringen, ueber die am Freitag entschieden wird. Papst Franziskus hat die neue globale Mauer um die Europäische Union auf die Tagesordnung gesetzt, die bereits Tausende von Menschenleben gefordert hat. Sie befinden sich alle auf dem „mediterranen“ Friedhof, wo sie ihr Massengrab gefunden haben.

Niemand würde denken, Europa aus diesem Grund als eine ungerechte Union zu bezeichnen. Der Unterschied besteht darin, dass die Opfer an der DDR-Mauer starben, weil sie ihr Land verlassen wollten. Im Gegensatz zu denen, die das Massengrab im Mittelmeer füllen und weiter füllen, brechen sie mit ihren Nüssen in der rauen See an der europäischen Außenmauer. Allerdings hätten sie ihre Heimat ungehindert verlassen können. Auf der Insel Lampedusa, vor der italienischen Küste, wachsen überlebende, aber ungebetene Einwanderer in überfüllten Lagern auf und werden im Zweifelsfall in das Elend zurückgeschickt, dem sie entfliehen wollten.

Und nun ruft dieser Papst Europa auf, sich an seine Grundwerte zu erinnern und nicht alles im Leben der kapitalistischen Logik und des ungezügelten Handels zu präsentieren. Wer denkt nicht an die TTIP, das Freihandelsabkommen, das zwischen den Vereinigten Staaten und der EU ausgehandelt wird? Wie wir gelernt haben, können wir uns nicht auf den besten, sondern auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, wenn unterschiedliche Standards unvereinbar sind, was der Wirtschaft die Arbeit erleichtert und die politische oder demokratische Kontrolle erschwert. Der Papst hält Europa für „krank und müde“ und fordert eine Rückkehr zu den Menschen und nicht nur zum Wohl der Wirtschaft.

Die Große Koalition von Berlin, unterstützt von christlichen Parteien und der SPD, hätte heute die Chance, bei der vom Innenminister vorgeschlagenen Asylreform Mut zu zeigen, anstatt die geplante Abschiebung zu erleichtern und die Asylbewerber mit ein paar Krümeln zu bewerfen. Inwieweit hätte er gerne eine so mutige Rede gehört wie die des Papstes, des politischen Zentrums dieses Landes, oder sogar der SPD, die zur linken Mitte oder zur linken Mitte gehört? In allen Fällen bleiben die neuen Wände intakt oder werden sogar verstärkt.